M8C
Für den Ausbau der Bielefelder Straßenbahn zur Stadtbahn brauchte man Fahrzeuge, welche sowohl an den existierenden Straßenbahnhaltestellen sowie den Tunnelhaltestellen halten können. Die bisherigen sechs- und achtachsigen Fahrzeuge des Typs GT6 und GT8 waren nicht für den Zweirichtungsverkehr geeignet, welcher im Tunnelbetrieb notwendig ist. Auch hatten die bisherigen Fahrzeuge nur einseitig Ein- und Ausstiegstüren.
Ein damaliges Gutachten kam zu dem Schluss, dass es finanziell sinnvoller war, komplett neue Fahrzeuge anzuschaffen. Um bei Betriebsstörungen und während des Streckenausbaus frei wenden zu können, entschloss man sich für die Bestellung von Zweirichtungsfahrzeugen. Dies würde auch heute noch die Nutzung der M8C-Wagen an Hochbahnsteigen ermöglichen. Die Bezeichnung "M-Wagen" wurde durch die Meterspurweite der Gleise in den Netzen der entwickelnden Unternehmen gewählt. Ursprünglich stand das M jedoch auch für "Mittleres-Ruhrgebiet". In Bielefeld wurde der M-Wagen erstmals als "GT8-Z" (Gelenk-Triebwagen 8-achsig für Zweirichtungsbetrieb) bezeichnet.
Gebaut wurde es von der Firma Duewag, mit technischer Ausstattung der Firmen Siemens und BBC. Die Fahrzeuge sind, bis auf unterschiedliche Lackierungen weitgehend identisch. Durch die modulare Bauweise der Fahrzeuge ist es möglich, aus den achtachsigen, auch sechs- oder zehn-achsige Fahrzeuge zu bauen.
Dies geschieht durch die Herausnahme bzw. die Hinzufügung eines Mittelteils. Erprobt wurde letzteres einmalig in Bielefeld, stellte sich jedoch als zu lang und umständlich heraus. Auch kann man bis zu drei Fahrzeuge problemlos aneinander kuppeln. Durch Kooperation der verschiedenen Verkehrsbetriebe verkürzte sich die Entwicklungszeit auf 18 Monate. Rund 200.000 DM kostete ein Fahrzeug.
Auch in Augsburg, Bochum/Gelsenkirchen, Dortmund, Essen, Heidelberg, Kassel, Krefeld, Mainz, Mülheim und Nürnberg kamen diese Fahrzeuge zum Einsatz, wobei heutzutage diese größtenteils ausgemustert sind. Bielefeld hatte nach Essen den größten Bestand an M8C mit 44 Fahrzeugen Ende 1987.
Die Vorgänger dieser Bauart wurden mit einer Schützensteuerung (M8S) ausgeliefert, während diese mit einer Chopper-Steuerung ausgestattet sind. Die M8C konnte man außerdem beliebig in einen M6C, oder z.B. in einen M10C umbauen, allerdings wurde ein M6C nie und ein M10C nur zu Testzwecken ausprobiert.
Abweichend von der eigentlich planmäßigen einheitlichen Lackierung in den Farben rot und weiß, den Landesfarben von Nordrhein-Westfalen, wurden die M8C in Bielefeld in orange und weiß mit Warnschraffur am unterem Teil von beiden Fronten ausgeliefert.
Unterschiede zum Vorgänger
Der größte Unterschied der M8C im Gegensatz zu den M8S ist die Steuerung, da die M8C, statt einer Schützensteuerung, eine Choppersteuerung erhielten. Des weiteren erhielten die Fahrzeuge DÜWAG-Klappstufen und Schwenkstufen, um flexibel an Hochbahnsteigen und Haltestellen auf Straßenniveau halten zu können. Das Ausfahren der Schwenkstufen konnte mit einem Taster im Fahrstand unterbunden werden, dieser Taster war jedoch später außer Funktion. Fahrzeuge der ersten Bauserie erhielten elektromagnetisch gesicherte Schwenkstufen, bei den nachfolgenden Bauserien sind diese mechanisch gesichert. Ansonsten erhielten die M8C ein graues Fensterband, wobei der orange/weiße Grundlack erhalten blieb.
Spezifische Änderungen in Bielefeld
Die Wagen der ersten Bauserie hatten einen schnelleren Türöffnungsvorgang, der bereits ab unter 7 km/h eingeleitet werden konnte, da die Türen beim öffnen und schließen zu viel Zeit in Anspruch nahmen. Die Wagen der zweiten Bauserie wurden ohne Stromabnehmer geliefert, da die erste Bauserie über zwei Stromabnehmer verfügte, wovon dann jeweils einer entfernt wurde. Dies geschah dadurch, dass man keinen zweiten Stromabnehmer im Betrieb mehr benötigte. Bei der Auslieferung hatte die zweite Bauserie auch größere Zielschildkästen. Im Innenraum wurde auf Klappsitze neben den Gelenken in Bielefeld verzichtet, um mehr Platz für Rollstuhlfahrer als auch Kinderwägen zu schaffen. Weitere Änderungen in Bielefeld waren ein rutschfester Altro-Fußbodenbelag, der Einbau eines Rotationskompressors, eine neue Sandsteuereinrichtung mit Rohrbeheizung vom Typ SDN der Firma Knorr, größere Zielfilm-Anzeigen und eine Klimatisierung der Fahrerkabinen.
Umbauten
Die M8C-Fahrzeuge erhielten im Laufe der Jahre einige Umrüstungen.
Bereits ab 1983 wurden die Zielfilmkästen durch größere Modelle ersetzt.
Mitte der 90er Jahre wurde die seitlichen Rollbandanzeigen der Fahrzeuge mit Flipdot-Anzeigen des Typs MZ 202/6/25 ersetzt. Diese wurden mithilfe einer Leuchtstoffröhre von unten beleuchtet und ermöglichten eine flexiblere Zielanzeige und somit schnellere Änderungen, die durch den damaligen schnellen Ausbau des StadtBahn-Netzes notwendig waren.
Ab dem Jahr 2000 wurden die Fahrzeuge für den rollstuhlgerechten Einstieg umgerüstet. Dazu wurden Mittelstangen entfernt und die daran befindlichen Haltetaster durch neuere Modelle ersetzt.
Im Jahr 2013 wurden die Fahrzeuge mit einer Videoüberwachung ausgestattet.
Technische Daten
Wagenkasten
Der Wagenkasten war in Stahlleichtbaugerippe aus Walz- und Hohlprofilen, die 1,75 bis 2 mm stark, wobei das Dachblech nur eine Stärke von 1,5 mm aufweist, geschweißt beblecht sind, gebaut. Zur Gewichtsersparnis wurden einige nicht tragende Bauteile mit leichteren Werkstoffen gefertigt.
Gelenk
Die Wagengelenke waren mit Kugel-Drehverbindungen und Silentbloc-Lagerung gebaut. Das Mittelportal in Verbindung mit den verlängerten Wagenseitenwänden verdeckte nach außen den Gummibalgbereich und gab dem Wagen ein harmonisches Aussehen.
Innenausstattung
Der gesamte innere Wagenkasten verfügte über eine Grundierung mit Epoxyester von 2 mm Dicke und eine Decklack-Schicht. Bis 300 mm über Fußbodenoberkante bestand diese Verkleidung aus kaschiertem Hornitex. Der Boden des M8C bestand aus 3 mm dickem Spoknol, welches auf 16 mm starke, schwer entflammbare Delignitplatten aufgeklebt wurde. Die seitlichen Fenster waren alle ungefähr 1900 mm über Fußbodenhöhe angebracht. Mit einer Größe von 1500 mm in der Breite und 1100 mm in der Höhe bestand hier eine gute Sicht nach außen. Einige Fenster verfügten im oberen Bereich über Klappfenster zur Belüftung. Außerdem bestanden alle Fenster aus getöntem Sicherheitsglas und waren in Profilgummi eingesetzt.
Fahrerraum
Die Fahrerkabine war vom Fahrgastraum durch eine Trennwand, bestehend aus einer beidseitig mit Hornit beklebten Holzkonstruktion, abgetrennt. In dieser Holzkonstruktion befand sich eine verschließbare Tür mit Schiebefenster für den ursprünglichen Fahrkartenverkauf. Außerdem, für die Sicht durch das Fahrzeug, enthielt die Trennwand eine große transparente Fläche. Zudem verfügte der Fahrerraum über eine eigene Lüftung, Heizung und Klimatisierung. Der Fahrerraum verfügte über mehrere Einrichtungen zur Überwachung der Technik als auch ein Armaturenbrett zur Bedienung des Fahrzeuges. Der Fahrersitz war ein Modell der Firma Isringhausen.
Schallschutz
Zum Schallschutz bestanden die Seitenwandbleche aus 20 mm dicken Glaswollmatten und die Innendecke aus einer Sandwich-Konstruktion mit Schaumkern. Dadurch wurden die Lärmemissionen (bei einer Geschwindigkeit von 60 km/h) von 71-75 db(A) innen und 75-80 db(A) im Abstand von 7 m außen nicht überschritten.
Fahrgastsitze
Die Sitze im Fahrgastraum bestanden aus Neopren mit Wollplüschbezügen. Es gab die Sitzausführung als Doppel- (Breite 980 mm) bzw. Einzelsitz (Breite 490 mm) in Abteilform. Die Länge eines Sitz-Abteils war 1650 mm welche sehr der Bequemlichkeit hinzufügt. Die Auflage besaß auf der Sitzfläche eine Dicke von jeweils 90 mm und im Rückenbereich eine Dicke von 50 mm. Unterhalb der Sitze befanden sich meistens (in den A- und B-Teilen) geschlossene Kästen, die Elektrik, Sandkästen und Heizlüfter enthielten. Zwischen den Sitzen im Sitz-Abteil wurden kleine Tische an den Fenstern angebracht. Ein M8C enthielte 46 Sitzplätze.
Türen
Die M8C hatten eine Türanordnung von 2+2+2+1 (Fahrtrichtung rechts). Eingebaut wurden drei Doppel- und eine Einzelfalttür von DÜWAG. Die Doppeltüren hatten eine Breite von 1600 mm und die Einzeltüren eine Breite von 800 mm. Angetrieben wurden die Türen elektromechanisch, besaßen eine Ausrastkupplung und waren durch Lichtschranken, Druckwellenkontakte, Trittstufenkontakte und Türendschalter gesteuert und gesichert.
Trittstufen
Die Schwenktrittstufen von DÜWAG wurden als komplettes Bauelement angefertigt und konnten bei Bedarf leicht ein- und ausgebaut werden. Elektrisch angeschlossen waren die Trittstufen in zwei 24-poligen Steckdosen am Fahrzeug. Die Trittstufen bestanden aus einer Klapp- und einer Schwenkstufe, sowie auch einem starren Element, welches separat gesteuert werden konnte.
Kupplungen
Für den Stadtbahnbetrieb in Doppeltraktion wurden die M8C ab Werk mit BSI-Compact-Kupplungen an jeweils beiden Fahrzeugenden ausgestattet.
Lüftung
Aufgrund zu hoher Kosten gab es im Fahrgastraum, abgesehen von aufklappbaren Klappfenstern, keine Belüftung.
Antrieb
Ein M8C hatte jeweils zwei Motoren pro Fahrzeug, die zunächst Siemens, aber auch andere Firmen wie z.B. AEG oder Garbe-Lahmeyer lieferten. Beim Siemens-Modell vom Typ 1KB2021 5MB02 (später auch 1KB2021 0MK02) lagen die Leistungszahlen bei 600 V = bei 150 kW und bei 750 V = bei 185 kW. Durch eine magnetische Entdämpfung konnte sowohl eine Schützen- als auch eine Choppersteuerng verwendet werden. Verwendet wurden Chopper-Steuerungen von BBC, die besonders durch eine automatische Feldschwächung und die kombiniert-kontinuierliche Netz- bzw. Widerstandsbremse mit Rückspeisung gekennzeichnet waren.
Ausmusterung
Die Stadtbahnwagen M waren die ältesten Fahrzeuge des Bielefelder Stadtbahnnetzes, daher suchte man sich schon seit Anfang der 2010er Jahre Nachfolger des M8C. Durch Einführung des GTZ8-B (Vamos) im Jahr 2011 und der zweiten Bauserie der GTZ8-B (Vamos) im Jahr 2020 wurden die M8C schrittweise in Bielefeld ausgemustert. Manche Stadtbahnen vom Typ M8C fanden eine Weiternutzung in der polnischen Stadt Łódź, wo diese grundlegend modernisiert wurden, andere Wagen jedoch fanden nur den Weg auf den Schrottplatz. Es wurde von verschiedensten Personen schon einmal darüber nachgedacht einen Stadtbahnwagen M8C als historischen Wagen für Bielefeld aufzubehalten, allerdings gibt es dazu bisher weder öffentliche Planungen, noch die Absicht von der Stadt Bielefeld so einen Wagen zu behalten.
Fahrzeugbestand
1. Baureihe
Nummer | Baujahr | Bauart | Lieferdatum | Ausmusterung |
---|---|---|---|---|
M8C 516 | 1982 | B'2'2'B'-el | 30 April 1982 | 27 Oktober 2021 |
M8C 517 | 1982 | B'2'2'B'-el | 7 Mai 1982 | 15 April 2010 |
M8C 518 | 1982 | B'2'2'B'-el | 14 Mai 1982 | 14 April 2010 |
M8C 519 | 1982 | B'2'2'B'-el | 19 Mai 1982 | 13 April 2010 |
M8C 520 | 1982 | B'2'2'B'-el | 1 Juni 1982 | 12 April 2010 |
M8C 521 | 1982 | B'2'2'B'-el | 7 Juni 1982 | 21 Februar 2013 |
M8C 522 | 1982 | B'2'2'B'-el | 16 Juni 1982 | 3 Juni 2013 |
M8C 523 | 1982 | B'2'2'B'-el | 29 Juni 1982 | 3 Juni 2013 |
M8C 524 | 1982 | B'2'2'B'-el | 2 Juli 1982 | 20 Oktober 2021 |
M8C 525 | 1982 | B'2'2'B'-el | 13 Juli 1982 | 21 Februar 2013 |
M8C 526 | 1982 | B'2'2'B'-el | 20 Juli 1982 | 11 Juli 2013 |
M8C 527 | 1982 | B'2'2'B'-el | 27 Juli 1982 | 6 März 2012 |
M8C 528 | 1982 | B'2'2'B'-el | 3 August 1982 | 8 Juli 2013 |
M8C 529 | 1982 | B'2'2'B'-el | 10 August 1982 | 10 Juni 2013 |
2. Baureihe
Nummer | Baujahr | Bauart | Lieferdatum | Ausmusterung |
---|---|---|---|---|
M8C 531 | 1983 | B'2'2'B'-el | 18 Juli 1983 | 3 Juli 2013 |
M8C 532 | 1983 | B'2'2'B'-el | 3 August 1983 | 11 Juli 2013 |
M8C 534 | 1983 | B'2'2'B'-el | 29 August 1983 | 10 Juni 2013 |
M8C 535 | 1983 | B'2'2'B'-el | 12 September 1983 | 7 März 2012 |
M8C 536 | 1983 | B'2'2'B'-el | 28 September 1983 | 6 Juni 2013 |
M8C 537 | 1983 | B'2'2'B'-el | 11 Oktober 1983 | 6 Juni 2013 |
M8C 538 | 1983 | B'2'2'B'-el | 25 Oktober 1983 | 27 Oktober 2021 |
M8C 539 | 1983 | B'2'2'B'-el | 10 November 1983 | 20 Oktober 2021 |
M8C 533 | 1983 | B'2'2'B'-el | 3 August 1983 | 11 Juli 2013 |
M8C 530 | 1983 | B'2'2'B'-el | 4 Juli 1983 | August 2012 |
3. Baureihe
Nummer | Baujahr | Bauart | Lieferdatum | Ausmusterung |
---|---|---|---|---|
M8C 540 | 1986 | B'2'2'B'-el | 22 September 1986 | 6 April 2022 |
M8C 542 | 1986 | B'2'2'B'-el | 1986 | 27 März 2021 |
M8C 543 | 1986 | B'2'2'B'-el | 1986 | 14 Februar 2023 |
M8C 544 | 1986 | B'2'2'B'-el | 1986 | |
M8C 545 | 1986 | B'2'2'B'-el | 1986 | 2 November 2022 |
M8C 547 | 1986 | B'2'2'B'-el | 1986 | 13 Oktober 2022 |
M8C 548 | 1987 | B'2'2'B'-el | 1987 | 30 November 2022 |
M8C 549 | 1986 | B'2'2'B'-el | 1987 | 2 März 2023 |
M8C 550 | 1987 | B'2'2'B'-el | 1987 | 31 Juli 2023 |
M8C 551 | 1987 | B'2'2'B'-el | 1987 | 26 Juli 2023 |
M8C 552 | 1987 | B'2'2'B'-el | 1987 | 1 August 2023 |
M8C 553 | 1987 | B'2'2'B'-el | 1987 | 31 Mai 2023 |
M8C 554 | 1987 | B'2'2'B'-el | 1987 | 10 Mai 2023 |
M8C 555 | 1987 | B'2'2'B'-el | 1987 | |
M8C 556 | 1987 | B'2'2'B'-el | 1987 | 1 Juni 2023 |
M8C 557 | 1987 | B'2'2'B'-el | 1987 | 25 Juli 2023 |
M8C 558 | 1987 | B'2'2'B'-el | 1987 | 11 Mai 2023 |
M8C 559 | 1987 | B'2'2'B'-el | 1987 | 24 Juli 2023 |
M8C 546 | 1986 | B'2'2'B'-el | 1986 | 5 April 2022 |
M8C 541 | 1986 | B'2'2'B'-el | 2 Oktober 1986 | 29 November 2022 |
Quellen
https://de.wikipedia.org/wiki/Stadtbahnwagen_Typ_M/N
"Die Bielefelder Straßenbahn im Wandel der Zeit" (Rainer Kotte 1989, Verlag Uhler und Kleimann, ISBN 3-922657-74-5)
"Die Stadtbahnwagen der Typen M und N: Entwicklung - Technik - Einsatz" (Michael Kochems 2005, Verlag transpress, ISBN 3-613-71257-1)